DIE SENKUNG DER VORDEREN SCHEIDENWAND, DER HINTEREN SCHEIDENWAND UND DER GEBÄRMUTTER BZW. DES SCHEIDENENDES DER UNGEWOLLTE ABGANG VON URIN – HARNINKONTINENZ
URSACHEN UND BEHANDLUNGSMÖGLICHKEITEN:
Im knöchernen Becken des Menschen ist der Beckenboden wie ein Trampolin aufgehängt. Durch Geburten ist dieses Trampolin bei den Frauen einer außerordentlichen Belastung ausgesetzt. Manche Frauen erleiden dadurch eine Senkung der Scheide und der Gebärmutter. Die Neigung, solch eine Senkung auszubilden, ist erblich bedingt. Eine Senkung können Sie sich vorstellen, wie ein ausgeleiertes Trampolin, welches eventuell bis zum Boden oder „sogar weiter“ durchhängt.
Senkungen entstehen durch die erste Entbindung auf normalem Weg. Frauen, die anlässlich der ersten Entbindung keine Senkung erleiden, werden auch bei nachfolgenden Entbindungen keine wesentliche Senkung bekommen. Unter Gynäkologen gilt der Spruch: „Sie können so viele Kinder gebären wie sie möchten, nur nicht das Erste.“
Obwohl wir bezüglich der Geburtshilfe eher zu der natürlichen Geburt neigen, so ist im Falle von einer ausgeprägten Senkung bei der Mutter von Schwangeren durchaus die Überlegung berechtigt, in diesen Fällen zur Vermeidung einer Senkung einen Kaiserschnitt durchzuführen.
Folgende Behandlungsmöglichkeiten bestehen bei einer Senkung:
1. BECKENBODENGYMNASTIK
Das oben beschriebene Trampolin zur Beschreibung des Beckenbodens ist an Muskeln aufgehängt bzw. es besteht auch aus Muskeln. Viele Frauen haben diese Muskeln vergessen und sind nicht oder nur eingeschränkt dazu in der Lage, diese Muskeln zu betätigen. Zum Teil ist es so wie mit dem Wackeln der Ohren – manche Menschen können es und andere nicht. Wenn Sie Ihre Finger in die Scheide einführen, dann können Frauen, die ihren Beckenboden betätigen können, mit den Muskeln um die Scheide herum den Finger umspannen. Sie spüren dabei, wie die Gebärmutter und der gesamte Beckenboden sich anheben, wie ein Trampolin, dass durch Muskelzug angespannt wird. So ist es zu erklären, dass manche Frauen mit einer relativ deutlichen Senkung dennoch keine oder nur eine geringe Beschwerden durch diese Senkung haben. Andere Frauen, die Ihren Beckenboden gar nicht oder wenig betätigen können, haben trotz einer mäßigen Senkung erhebliche Beschwerden (Harninkontinenz).
Die unangenehmste Folge bezüglich einer Senkung ist die Harninkontinenz. Dies bedeutet, dass unwillkürlich Urin verloren wird. Dies tritt vor allem auf beim Laufen, Lachen, Husten und Springen. Über die Harnröhre wird durch einen gewissen Druck die Blase verschlossen. Übersteigt durch Laufen, Lachen, Husten und Springen der Druck in der Blase den Verschlussdruck in der Harnröhre, so entleert sich Urin. Die Ärzte nennen dies Stressinkontinenz.
Gute Übungen zum Training des Beckenbodens sind folgende Übungen:
- Führen Sie Ihre Finger in die Scheide ein und kneifen Sie mit den Muskeln um die Scheide herum nach diesem Finger. Mit zunehmendem Training werden Sie eine immer kräftigere Muskulatur spüren, die den Beckenboden (das Trampolin) anhebt.
- Lassen Sie die Blase etwas voller werden, als es eigentlich angenehm ist. Kneifen Sie dann Ihren Beckenboden zusammen, und Lachen während der Kontraktion der Muskeln. Dieselbe Übung können Sie auch machen beim Husten oder aber auch beim Herunterspringen von einigen Stufen.
- Lassen Sie Urin auf der Toilette nicht mehr in einem einzigen Strahl, sondern unterbrechen Sie diesen Strahl durch Kontraktion des Beckenbodens. Es genügt nicht, dass Sie Ihren Beckenboden betätigen können, Sie müssen es auch im richtigen Moment tun.
- Sie können das Trainieren Ihres Beckenbodens auch in Ihr sexuelles Liebesspiel einbauen. Stimulieren Sie den Penis Ihres Mannes durch Betätigung Ihres Beckenbodens.
2. PESSARE:
Durch Einführen von Ringen, Sieben, Würfeln oder anderen Kunststoffteilen (sogenannten Pessaren) kann die Scheide mechanisch wieder in ihre alte Position gehoben werden. Diese Pessare verbleiben teilweise auf Dauer in der Scheide und werden lediglich durch den Frauenarzt vorübergehend entfernt und gesäubert. Andere Pessare, z. B. das Würfelpessar, können Sie selbst wie eine Zahnprothese täglich einführen, entfernen, säubern und wiedereinführen. Diese Pessare sind für all die Frauen eine Lösung, bei denen eine Operation nicht möglich, nicht sinnvoll oder nicht gewünscht ist und eine Beckenbodengymnastik keinen ausreichenden Erfolg bringt.
3. OPERATIONEN:
Es gibt zahlreiche Operationsverfahren sowohl vom Bauch als auch von der Scheide her. Gerade in den letzten Jahren sind viele neue Methoden entwickelt worden, die hier nicht erschöpfend dargestellt werden sollen. Trotz Einführung all dieser Operationsmethoden sind Senkungsoperationen nach wie vor mit einem relativ hohen Risiko belastet, dass diese Operationen nicht immer auf Dauer einen entsprechenden Erfolg bringen. Ein Kollege drückte es auf einer Weiterbildungsveranstaltung vor einigen Jahren einmal so aus: „Wir befinden uns momentan im Bereich der Senkungschirurgie auf dem Gebiet der Experimentalchirurgie.“ Diese Umstände sind ein Argument, um mit einer Senkung so lange wie möglich ohne Operation zu leben. Je stärker die Beschwerden bei einer Senkung sind, umso eher wird die Patientin mit dem Ergebnis einer Operation zufrieden sein. Operationen bei minimalen Beschwerden führen dagegen eher dazu, dass man sich nach der Operation schlechter fühlt als vorher – das gilt auch für viele anderen Operationen, z. B. Endoprothesen, Krampfadern, etc.
Dennoch kann durch Senkungsoperationen einem großen Teil von Patientinnen mit Senkungsbeschwerden geholfen werden. Über Ort und Art einer eventuellen Operation werden wir uns mit Ihnen im Bedarfsfalle ausführlich unterhalten.
Bestimmte Kliniken und Ärzte haben sich auf Senkungsoperationen spezialisiert. Es lohnt sich der Weg in diese Einrichtungen.